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      Aus unserer Serie „Lost Places“ – diesmal die Kegelbahn Traindl. Ihre Hochblüte ist seit den 80er Jahren vorbei, doch im privaten Kreis werden manchmal immer noch Kegel geschoben.
      
      Als Rudolf Traindl im Jahr 1968 die Kegelbahn eröffnete, kostete ein Achtel Wein 2,50 Schilling! Daran erinnern sich Sohn und Töchter, die in ihren Jugendjahren den Betrieb auf der Kegelbahn
      haut- und lebensnah miterleben durften – und gewiss erinnern sich auch noch einige ZeitgenossInnen.
      
      Zu Wirtshäusern gehörten schon Jahrzehnte davor nebst Verköstigung und Gesellschaft auch Unterhaltung und Spiel. Einige Restaurationen sollen vor 100 und mehr Jahren schon mehr nach
      Spiellokalen ausgesehen haben, denn als Wirtshaus. Zum Beispiel Kiesling vis à vis des Bahnhofs: Dort gab es ein Billardzimmer, freilich eine seltene Vergnügung für das damalige Weinviertler
      Klientel. Aber für die Sommerfrischler, die zumeist im sog. Klavierviertel zwischen Bahnhof und Zentrum angesiedelt waren, waren nicht nur virtuose Pianos und Flügel zu hören, sondern wurde
      auch das Vergnügen der Bourgeoisie aus Wien angeboten.
      
      Das hiesige Publikum war dem Spiel natürlich auch nicht abhold (oftmals eher dem Glück). Nicht selten wurde aus vergangenen Jahrzehnten von (vornehmlich beim Kartenspiel) verlorenen
      Wagenladungen voller Wein, gar von verlorenen Häusern berichtet. Neben Bauernschnapsen, Tarockieren und Co. zählte in vielen Wirtshäusern auch die Kegelbahn zur Grundausstattung. Im Freien auf
      Lehmbahnen oder später immer mehr in einem Zubau zu den Gasträumen wurden Kegel geschoben. In die Vollen, Abräumen und wie die Spielarten alle heißen.
      
      Bierdunst, Zigarettenqualm, Rauchschwaden vor den Vorhängen, angeregte und angeheiterte Gespräche, dazu das dumpfe Rumpeln der Kegel, das Lichtspiel hinter der mysteriösen Wand. Die bange
      Frage, wenn ein Kegel hängen blieb: Kommt der denn wieder? An Schnüren nach oben gezogen, Marionetten gleich, von Geisterhand wieder herabgelassen. Und von weitem hatten ja auch die Kegel etwas
      Geisterhaftes. Dann aber eine behende gespielte Kugel, die mit Drall alle Neune umwarf. Ein hölzernes Knattern, Jubel. Dann das ganze Procedere von vorne. Als Kind wuchs man mit solchen
      Eindrücken in die Welt der Kegelbahnen hinein.
      
      Und ehe automatische Kegelbahnen Einzug hielten, waren es die „Kegelbuben“, die die Kegel aufstellten und die Kugel zurückrollten. Das hat nach Darstellung von Zeitzeugen am Sonntag gleich nach
      der Kirche begonnen und bis zur späten Abendstunde gedauert, oft bis Mitternacht. Es habe zu essen gegeben und Bierreste zu trinken, manchmal auch einen Schnaps, dazu einen guten Stundenlohn
      und Trinkgeld.
      
      Nach der Pensionierung von Rudolf Traindl war die Kegelbahn in der Wolkersdorfer Kaiser Josef Straße noch mehrere Jahre verpachtet. Doch seit Ende der 1980er Jahre kehrte Ruhe ein. Mit dem Bau
      der Tennishalle neben der Schlossparkhalle wurden darin auch Kegelbahnen errichtet, wo seither die nach wie vor beliebten Kegel-Betriebsmeisterschaften stattfinden und die Unìon Sektion Kegeln
      immer wieder Erfolge feiert.
      
      In der Kaiser Josef Straße wurden zwar keine Meisterschaften und Turniere mehr veranstaltet, aber so gänzlich im Ruhestand sind die Bahnen auch nicht: Seit mittlerweile drei Generationen wird
      auch privat immer wieder in die Vollen geschoben.
      
      Ein Blick in die Kegelbahn lässt nostalgische Herzen freilich höherschlagen. Beinah unverändert zeigt sich der Raum und lädt zu einer Zeitreise in die 60er und 70er Jahre ein. Es war die Zeit
      von Toast Hawaii und Schinkenröllchen, von Peter Alexander und ABBA, von einer (aus heutiger Sicht) relativ unbeschwerten, von Aufbruch geprägten Zeit – auch wenn im Weinviertel die Uhren etwas
      langsamer gingen.
      
      Heute gibt es nach wie vor Kegelbahnen, wenn auch nur mehr vereinzelt. Die verwandte Sportart Bowling wird in einigen Hallen angeboten. Doch die charmante Mischung zwischen Bodenständigkeit und
      Weltläufigkeit, die gerade in den 60er und 70er Jahren ihren Ausdruck fand, die findet sich nur noch auf Fotos und in Erinnerungen.